Soziale Psychotherapie - Historischer Einblick

 

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          Die Zuschreibung Sozialer Arbeit als behandelnde Profession und das Verständnis     von sozialtherapeutischer Behandlung wurde in Deutschland von Alice Salomon vertreten, die 1926 ein Buch mit dem von Richmond übernommenen Titel der Sozialen Diagnose veröffentlichte. Sie war unmittelbar von den Arbeiten Richmonds beeinflusst. Zu diesem Zeitpunkt war Soziale Arbeit von dem Übergang des Armenwesens zur professionellen Fürsorge geprägt, was zu einer „(…) markante[n: A. R] Entwicklung der Methoden und Hilfestellungen (…)“ (Geißler - Piltz 2005: 133) geführt hat. Im Zusammenhang mit der sich verändernden Sichtweise bezüglich der Genese von sozialen Problemlagen, sprach Salomon von Sozialer Therapie. (vgl. ebd.) Mit der Sozialen Diagnose verfolgte sie das Ziel, Erkenntnisse über die Not der Klienten zu erfassen. Der doppelte Fokus einer Intra- und Interpersonellen Perspektive, die ganzheitliche Sichtweise des Menschen (bio-psycho-soziale Modell) als auch der Einbezug gesellschaftlicher Einflussfaktoren z. B. durch soziale Ungleichheit waren für Salomon eine Selbstverständlichkeit. Eine psychotherapeutische Tendenz und die Weiterentwicklung der Sozialen Diagnose Salomons erfuhr das Konzept Sozialer Therapie durch Wronsky und dem Psychoanalytiker Kronfeld. (vgl. Deloie 2011: 52) Sie integrierten psychoanalytische Erkenntnisse und Elemente wie die soziale Anamnese, die Persönlichkeitsforschung, die Erfassung der Interaktion zwischen der Persönlichkeit des Klienten und anderen Lebenselementen sowie die Erforschung der Komposition seiner Lebenskräfte. (vgl. Müller 2006: 94 ; Deloie 2011: 52). May als einer der Vertreter psychoanalytischer Sozialarbeit ist „(…) einer der wenigen wissenschaftlichen Vertreter Sozialer Arbeit außerhalb der >>Bewegung<< Klinische Sozialarbeit, mit dem Verhältnis eines therapeutischen Konzeptes und der Sozialen Arbeit auseinandersetzt und nicht wie andere Vertreter Sozialer Arbeit diese Verbindung negiert.“ (vgl. Deloie 2011: 54) In der Nachkriegszeit wurde die psychoanalytisch orientierte Einzelfallhilfe aus den USA fokussiert. So ist das „(…) (Social) Casework (Soziale Einzelfallhilfe oder Soziale Einzelhilfe) mit den Elementen der Sozialen Diagnostik und Sozialen Therapie (…)“ (zit. n. Deloie 2011: 23) von Richmond, welches auf einer „(…) psychosozialen Betrachtungsweise, also die Verschränkung von individuellen und Umweltfaktoren, die als >>Person-in-Environment<< - Perspektive bezeichnet wird [.]“ (ebd.), ein wichtiger Aspekt in dem Konzept der Klinischen Sozialarbeit. Insbesondere die Bemühung von Viefhues zeigt den Bedarf einer um die soziale Perspektive erweiterte Behandlungssäule neben der Medizin auf. Er vertrat die Meinung dass im Wesentlichen Sozialarbeiter gegenüber den Ärzten eine überlegene Befähigung zur psycho - sozialen Intervention hätten. Seiner Vorstellung nach sollten Sozialarbeiter eine heil berufsrechtlich standardisierte, nach den Ausbildungsnormen der Psychotherapie angelehnte Qualifizierung als ‚Gesundheitsarbeiter‘ durchlaufen, hierdurch eine eigenverantwortliche heil Berufliche und den Ärzten gleichgestellte Kompetenz erwerben. (vgl. Viefhues 1969/ vgl. Crefeld 2002: 11 f.) Mit Blick auf die kompetente Versorgung der Therapie und Rehabilitation psychisch Kranker hatte sich zur selben Zeit die Sachverständigenkommission in ihrer Psychiatrie Enquete für eine entsprechende therapeutische Qualifikation von Sozialarbeitern ausgesprochen. (vgl. Crefeld 2007: 113) Auch in den USA hat sich die Clinical Social Work deren Wurzeln im casework 1920 begründet sind durch unterschiedliche Einflüsse und sozialpolitischen Bewegungen wie dem Mental Health Act, Civil Rights Movement und War of Poverty zu einer hochprofessionellen behandelnden Sozialarbeit weiterentwickelt. (vgl. Deloie 2011: 42) - Die zu Grunde gelegten Theorien und Konzepte wie Entwicklungspsychologie, psychoanalytische Krankheitslehre, Stresstheorie, Verhaltenstheorie, Kommunikationstheorie, Systemtheorie, das Konzept der „Diversity in social science und work Practice“ und den „Person-in-Environment“-Ansatz macht den doppelten Fokus auf die intra- und interpersonellen Phänomene des sozial psychotherapeutischer Behandlungsansatzes deutlich.